Was ist eigentlich eine Allergie?
Der menschliche Körper besitzt im Immunsystem eine ausgeklügelte „Freund-/ Feinderkennung“. Dies ist wichtig, damit einerseits eindringende Krankheitserreger erkannt und vernichtet werden können, andererseits eigene Körperzellen in den Organen nicht angegriffen werden.
Tritt ein Fehler in dieser „Freund-/Feinderkennung“ auf, so hält der Körper z.B. harmlose Gräserpollen für gefährliche Stoffe, die sofort aus dem Körper entfernt werden müssen und auf keinen Fall weiter eindringen dürfen. Die Tränenproduktion steigt an und wäscht die Pollen von den Bindehäuten, die Nase schwillt zu und wässriges Sekret spült sie aus: Die typischen Symptome des „Heuschnupfens“.
Gegebenenfalls wird sogar versucht, das Eindringen in die Lunge zu vermeiden indem die Bronchien sich verkrampfen und ein besonders zähes Sekret produzieren: Zeichen eines Asthmaanfalls.
Allergien kann man gegen fast jeden Stoff und zu jedem beliebigen Zeitpunkt entwickeln, also auch nach 20 Jahren problemlosen Umgangs mit einer Substanz.
Welche Spielarten von Allergien gibt es ?
Allergien können vielfältige Symptome im Körper auslösen. Niesattacken, verstopfte Nase, Dauerschnupfen, Augentränen, Atemnot, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Übelkeit, Durchfälle, Hautausschläge, sogar Lungenentzündungen und lebensgefährliche Schockzustände mit Kreislaufzusammenbruch.
Dabei hängt die Reaktion des Körpers nicht von der Art des Allergens ab. Deshalb erfordert es häufig detektivischen Spürsinn, den Auslöser der Symptome dingfest zu machen. Erschwert wird die Suche noch durch Fernwirkungen von Allergenen.
So kann bei einem Nickelallergiker ein Armband am rechten Unterarm Hauterscheinungen an ganz anderen Stellen des Körpers hervorrufen, schließlich kreisen die an der Allergie beteiligten Abwehrzellen mit dem Blutstrom im ganzen Körper.
Manche Erkrankungen können durch Allergene ausgelöst oder verstärkt werden. Asthma und Neurodermitis sind weitverbreitet. Aber auch bei bestimmten Darmerkrankungen oder Migräne gibt es alergievermittelte Schübe.
Warum nehmen Allergien ständig zu?
Die genauen Gründe sind noch nicht bekannt. Einige Faktoren scheinen aber wichtig zu sein. Babies werden heute in der Regel nicht mehr so lange gestillt wie früher. Das Stillen hat Einfluß auf das kindliche Immunsystem. Deshalb die Empfehlung, mindestens 6 Monate zu stillen. Ist dies nicht möglich, sollte hypoallergene Milch gefüttert werden. In dieser Milch sind die Eiweiße in Stücke zerlegt, die so klein sind, dass sie von den Abwehrzellen nicht irrtümlich als „Feindmoleküle“ erkannt werden können.
Wenn dann die Breifütterung beginnt, beschränkt sich der Speiseplan unnötigerweise oft nicht mehr auf Karotten/Kartoffeln und wenige Obstsorten. Angeregt durch eine Vielzahl industrieller Breie mit exotischen Früchten und zahlreichen Menüvarianten wird das kindliche Immunsystem mit einer Vielzahl fremder Allergenstrukturen konfrontiert. So kann es leichter zu Fehlreaktionen kommen, die Grundlage für die Allergie.
Häusliche Hygiene wird heute oft übertrieben. Werbung gaukelt einem vor, der Fußboden müsse keimfrei sein, Desinfektionsmittel werden angepriesen. Es hat sich jedoch gezeigt, dass Kinder aus besonders „hygienischen“ Haushalten häufiger Allergien bekommen, als z.B. Kinder auf dem Bauernhof, die sich oft im Matsch suhlen und so wohl schon früher „lernen“, heimische Allergene zu tolerieren.
Schließlich gibt es auch eine genetische Vorbelastung. Sind die Eltern Allergiker, trägt auch das Kind ein erhöhtes Erkrankungsrisiko.
Wie wird eine Allergie festgestellt ?
Besteht der Verdacht auf eine allergische Erkrankung, werden zunächst Suchtestsdurchgeführt. Häufige Auslöser werden auf die Haut aufgetragen oder in die Haut gespritzt und auf eine Reaktion gewartet. Auch im Blut lassen sich allergenspezifische Abwehrzellen nachweisen. Allerdings kann immer nur eine Auswahl aus den Abertausenden möglicher Allergene getestet werden.
Ein unauffälliger Hauttest schließt also keine Allergie aus! Er zeigt nur, dass das Allergen nicht bei den getesteten Substanzen war.
Umgekehrt beweist ein positiver Hauttest aber auch keine Allergie! Er zeigt lediglich an, dass sich das Abwehrsystem mit diesem Stoff auseinandergesetzt hat; eine Sensibilisierung liegt vor. Man kann gegen viele Substanzen sensibilisiert sein ohne irgendeine allergische Erkrankung zu entwickeln.
Erst die Symptomauslösung beweist eine Allergie. Deshalb müssen die im Hauttest gefundenen möglichen Allergieauslöser in einem Provokationstest überprüft werden. Meist wird dafür ein Watteträger mit der Substanz getränkt und in die Nase eingelegt. Kommt es zu Niesattacken, Schleimhautschwellung oder Fließschnupfen, ist die Allergie gesichert. In der Asthmadiagnostik werden manchmal auch die Prüfsubstanzen der Atemluft zugegeben, um eine Verengung der Bronchien nachzuweisen.
Geht es um Lebensmittelallergien oder -unverträglichkeiten helfen oft nur mühsame Eliminationsdiäten. Man ernährt sich von ganz wenigen, bekanntermaßen selten allergieauslösenden Nahrungsmitteln bis die Allergiesymptome verschwunden sind (meist ca. 1 Woche). Anschließend werden nach und nach bestimmte Lebensmittelgruppen hinzugenommen bis die Allergie auftritt.
Es werden immer wieder diverse „alternative Diagnosemethoden“ (Kinesiologie, Irisdiagnostik etc.) beworben, die in der Regel selbst bezahlt werden müssen, jedoch keinerlei verwertbare Ergebnisse bringen! Zufälliges Raten bringt in systematischen Untersuchungen die gleiche Trefferquote.
Welche Behandlungsmöglichkeiten bestehen ?
Zunächst ist wichtig, dass die Allergie ernstgenommen wird. Etwa 40-50% aller Patienten mit einem zunächst harmlosen Heuschnupfen entwickeln im weiteren Verlauf ein Asthma bronchiale. Man spricht von einem Etagenwechsel, weil plötzlich die tieferen Atemwege betroffen sind.Außerdem kommt es oft mit zunehmender Erkrankungsdauer zu einer Ausweitung des Allergiespektrums. Reagierte man erst nur auf Gräserpollen, treten jetzt vielleicht Hasel und Erle hinzu, später folgen noch viele Lebensmittel, weil es durch starke Ähnlichkeiten einzelner Oberflächenmerkmale zwischen Pollen und Lebensmitteln zu weiteren Verwechslungen im Immunsystem kommt. Solche Kreuzallergien sind häufig.
Schon um den Problemen Etagenwechsel und Ausweitung des Allergenspektrums entgegenzuwirken sollte man Allergien konsequent behandeln!
Zur Verfügung stehen Vermeidung des Allergenkontakts, medikamentöse Allergiebehandlung mit Augentropfen, Nasensprays oder Tabletten und die spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung).
Hierunter nimmt die spezifische Immuntherapie eine Sonderstellung ein. Sie ist die einzige ursächliche Allergietherapie und dabei völlig „natürlich“. Dem Körper wird in ansteigender Dosierung sein Allergen zugeführt. Dabei lernt er, dass dies Allergen für ihn keine Gefahr darstellt und stellt allmählich seine irrtümliche Überreaktion ein. Die Erfolgsquote liegt bei richtigem Einsatz über 80%.
Ohne eine Provokationstestung sollte aber keine spezifische Immuntherapie erfolgen, weil man sonst Gefahr läuft, gegen völlig bedeutungslose „Allergene“ zu hyposensibilisieren, so dass die Krankheitssymptome fortbestehen. (Knapp daneben ist eben auch vorbei). Die Indikationsstellung zur spezifischen Immuntherapie gehört deshalb in die Hand des Spezialisten.